Interview
"Die Flausen in meinem Kopf sind Teil meiner Ästhetik"
Liebe Marta, können Sie sich noch daran erinnern, wann Sie Ihr erstes Foto gemacht haben und was es war?
Das allererste Foto - da kann ich nur spekulieren - war bestimmt irgendeine Freundin auf einer Schulparty. An das erste Foto als Fotografin erinnere ich mich aber noch genau, das habe ich damals für einen kleinen Wettbewerb gemacht. Das Thema war Pfefferminztee. Und ich habe in der prallenden Sonne Griechenlands auf einem Hoteltuch mit der Minze vom Gemüsehändler und etwas Schwarzteepulver ein Foto gemacht - was dann tatsächlich diesen Wettbewerb sogar gewonnen hat.
Was fotografieren Sie am liebsten und warum?
Ganz klar Menschen und diese am liebsten in Reportage-Stil. Ich liebe es zu beobachten. Manchmal würde ich mir sogar wünschen, unsichtbar zu sein, um nah genug an den Menschen, an und in ihrem Leben zu sein und die unverfälschten Emotionen einfangen zu können.
Auch ohne unsichtbar zu sein scheint es, als würden Sie Ihren Motiven in Ihren fotografischen Arbeiten sehr nah kommen. Wie gelingt Ihnen das?
Ganz wortwörtlich - um Nähe zu schaffen, gehe ich wirklich nah an die Person heran. Manchmal sogar so nah, dass ich selbst schüchtern werde, wenn ich die Kamera senke.
Neulich habe ich angefangen mit einer ganz kleinen Kamera und super kurzer Linse zu fotografieren, die mir eine noch geringere Distanz ermöglicht. So hoffe ich, dass man beim späteren Betrachten des Fotos das Gefühl bekommt, fast die Intimitäts-Grenze zu überschreiten.
Ihre Modelle scheinen dabei überhaupt nicht nervös zu sein - im Gegenteil: In Ihren Bildern schwingt eine Art Vertrautheit mit...
Ich denke, das gelingt mir durch meine persönliche Mischung: Ich trete unscheinbar auf, bin einfühlsam und sehe meine Fotomodelle als Freunde.
Gerade wenn es um Reportage geht, versuche ich keine Blicke auf mich zu ziehen. Darum kleide ich mich relativ neutral und minimiere auch meine Foto-Ausrüstung auf ein Minimum. Fotografieren tue ich dann immer mit kleinen, unscheinbaren Apparaten und Objektiven.
Ich stelle mir außerdem vor jedem Shooting vor, dass ich meine besten Freunde fotografiere. Denn dann bin ich weniger aufgeregt, habe das Gefühl, dazu zu gehören und gebe auf jeden Fall mein Bestes - denn ich möchte ja, dass meine Freunde ebendieses von mir bekommen. Außerdem denke ich mir immer: "Sei selbst die Person, die du am liebsten fotografieren würdest." Wenn ich mit meinem Modell auf der gleichen Wellenlänge bin, spiegelt sich das auch in den Fotos wider.
Gibt es für Sie eine spezielle Sache, die ein Foto zu einem guten Foto werden lässt – egal, mit welcher Technik man fotografiert?
Es ist keine spezielle Sache, sondern eher der spezielle Moment. Kein Augenblick lässt sich wiederholen. Daher will ich ihn festhalten. Und wenn mir das gelingt und ich die unverfälschten Emotionen einfangen kann, dann ist es ein gutes Foto.
Wie gelingt Ihnen Ihr spezieller "edgy" Stil?
Ich glaube mein Stil kommt durch die Unperfektheit, die ich zulasse, zustande. Die macht alles sehr authentisch. Außerdem versuche ich „zwischen den Posen“ zu fotografieren, das wirkt weniger gestellt. Und: Die Flausen in meinem Kopf sind wohl auch ein Teil meiner Ästhetik.
Woher bekommen Sie Ihre Inspiration für neue Motivideen oder Foto-Projekte?
Vieles stammt definitiv aus Filmen oder Musikvideos. Oft schaue ich mir etwas an und drücke dabei regelmäßig den Pauseknopf. So speichere ich mir bestimmte Szenen, Outfits oder Posen im Kopf. Ich mache quasi ein imaginäres Foto vom jeweiligen Standbild, was ich später zur Inspiration wieder herauskramen kann.
Das ist für mich die beste Methode. Ich liebe es außerdem, mir Gemälde anzuschauen und dabei zu überlegen, wie ich das Bild fotografisch und in der heutigen Zeit nachstellen könnte - und manchmal tue ich dann genau das auch.
Was würden Sie machen, wenn Sie nicht Fotografin geworden wären?
Ich liebe Grafik, Typografie, Werbung und Tiere. Ich liebe es zu brainstormen und mir auszudenken, wie eine Idee am besten dargestellt werden kann, welche Slogans und Grafiken dazu am meisten Aufmerksamkeit erregen könnten. Ich würde deshalb vielleicht eine Ideenagentur gründen, in der ich mir zusammen mit ein paar bunten Menschen, Hunden und Katzen unkonventionelle Ideen ausdenken würde.