CEWE Fotoschule
Spannende Spiegelungen
Das Thema Spiegelungen macht richtig Spaß, denn durch eine visuelle Verdopplung des Motivs lassen sich unerwartete Perspektiven schaffen. Und das Beste: Spiegelungen kann man fast überall finden.
Das erste Bild habe ich in der City of Arts in Valencia aufgenommen. Das Gebäude ist ein architektonisch an sich schon spektakuläres Kino, aber über die Spiegelung entfaltet sich ein komplett neues Motiv, das an einen Fisch erinnert. Meine Spiegelungsfläche ist in diesem Motiv ein künstlich angelegter See.
Dr. Micha Pawlitzki ist einer der besten europäischen Naturfotografen. Er kreiert faszinierende Natur- und Landschaftsfotos auf höchstem Niveau. Im CEWE Kundenmagazin FOTOZEIT gibt er als Gastautor der Fotoschule Einblicke in die Bildkomposition der Profis. Weitere Informationen über seine Arbeit finden Sie am Ende dieses Artikels.
Wichtig bei Wasserflächen aller Art ist nach Möglichkeit absolute Windstille, denn schon der kleinste Windhauch zerstört die Illusion der Spiegelung. Solche windstillen Momente kommen mit ein wenig Glück gerne vor Sonnenaufgang und nach Sonnenuntergang vor. Außerdem ist es zentral, die Kamera möglichst nah, am besten nur wenige Zentimeter über die Wasseroberfläche zu halten. So schließen sich die Übergänge zwischen Original und Spiegelung und das Bild wird sehr klar und eindeutig.
Ein zusätzlicher Tipp zum Fotografieren mit Polfilter:
Polfilter bringen ja normalerweise viel Klarheit und Prägnanz ins Bild. Bei Spiegelungen kann es jedoch sein, dass sie das reflektierte Motiv fast komplett herausfiltern. Verzichten Sie also entweder komplett auf den Polfilter oder Sie drehen ihn so lange, bis die Spiegelung wieder zu sehen ist.
Bei diesem Bild erhöhe ich die Komplexität des Bildes deutlich. Ich habe es auf der Besucherplattform des Hochhauses Summit One in New York fotografiert. Dort bieten sich einem nicht nur fantastische Ausblicke auf die Stadt, man kann auch mit hunderten Spiegeln an den Wänden und an der Decke fotografisch nach Belieben spielen. Diese Spielereien haben jedoch bildgestalterisch ihre Grenzen, wenn Motive nur noch chaotisch werden und überhaupt keine Struktur mehr aufweisen.
Nirgendwo steht geschrieben, dass Spiegelungen immer horizontal verlaufen müssen. Im ersten Bild ist das Motiv noch klar horizontal zweigeteilt: Oben das Original, unten die Spiegelung. Im zweiten Foto sehen Sie aber bereits horizontale und vertikale Spiegelungen.
In Bild 3 kommt nun eine diagonale Spiegelungsfläche ins Spiel. Der Porsche reflektiert in einem abgeschalteten Monitor, das kräftige Rot der Lackierung hebt das Auto außerdem gut von der schwarz-weißen Umgebung ab. Naturgemäß gibt es solche diagonalen Spiegelungsflächen seltener, allerdings können Sie sich zum Beispiel über ein Tablet oder ein größeres Smartphone jederzeit eine künstliche Reflexionsfläche mit der Neigung Ihrer Wahl schaffen.
Für Bild 4 habe ich in eines der riesigen Fenster der Neuen Nationalgalerie in Berlin fotografiert. Ich habe die Kamera nicht direkt an das Fenster, sondern etwas entfernt gehalten, weil ich die Spiegelungen hinter mir ins Bild bekommen wollte. So entstand ein mehrdimensionales, hintergründiges Bild: Die Personen am unteren Bildrand sind im Gebäude, die vertikalen Linien bilden das Ende des Gebäudes auf der anderen Seite, die Rose am rechten Bildrand ist ein großes Kunstwerk 20 Meter hinter mir, das Hochhaus links ca. 200 Meter hinter mir (ich selbst war natürlich auch zu sehen, aber ich habe mich herausretuschiert). Das Motiv hat sicher einen deutlich geringeren Wow-Effekt als Bild 1. Dafür ist es jedoch deutlich subtiler und zeigt sehr gut weitere Einsatzbereiche und das ganze Potenzial von Spiegelungsfotos auf.
5 Tipps vom Foto-Profi
- Spiegelungen gibt es überall: Gehen Sie einmal durch Ihren Haushalt und halten Ausschau nach spiegelnden Flächen. Monitore, polierte Steinflächen und -böden, Aluflächen, Fenster, Gläser und selbst lackierte Möbel können die Umgebung reflektieren.
- Kamera nah an die Spiegelfläche: Ein Spiegelungsfoto funktioniert am besten, wenn Sie die Kamera direkt an die Spiegelfläche halten. Jeder Zentimeter näher verbessert die Illusion der Verdopplung.
- Wasserspiegelung am besten ohne Wind: Die vermutlich am meisten fotografierten Spiegelungen werden auf Wasseroberflächen erstellt. Es macht einen riesigen Unterschied, wenn Sie für Ihr Bild auf komplette Windstille warten; nur dann ist die Spiegelung wirklich beeindruckend.
- Den Schärfepunkt richtig einstellen: Bei Spiegelungsfotos stellt der Autofokus oft auf die Spiegelfläche scharf. Damit wird das gespiegelte Objekt allerdings in aller Regel unscharf. Achten Sie also besonders auf den richtigen Schärfepunkt.
- Spiegelungen müssen nicht horizontal sein: Je länger Sie sich dem Thema Spiegelungen widmen, desto interessanter werden diese Motive. Sie werden plötzlich auch vertikale oder diagonale Spiegelungsflächen finden. Spiegelungen müssen nicht zwingend an einer horizontalen Fläche entstehen.
Haben Sie schon die anderen Teile der CEWE Fotoschule gelesen?
- Bildgestaltung mit Linien, Punkten und Flächen
- Fotografieren im Goldenen Schnitt - und mittig
- Bilder gestalterisch einrahmen
- Gestalten mit Licht
- Bessere Bilder durch Anschnitte
Viel Freude beim Fotografieren wünscht Ihnen
Ihr Team von CEWE
